Die Schule im 18. und 19. Jahrhundert
Da es noch immer keine Schulgeschichte Sachsens aus dieser Zeit gibt, ist auch die Einordnung der Oschatzer
Aktenbestände schwierig und für mich zum Teil unmöglich. Ich versuche nur einen groben Überblick zu geben.
In Sachsen gab es in den Jahren 1670 bis 1675 eine neuerliche Untersuchung des Schulzustandes. Leider habe ich in den
zugehörigen Akten des Staatsarchivs Dresden keine Ergebnisse aus der Ephorie Oschatz gefunden. Das stellt auch Julius Richter 1930 in seiner „Geschichte des
sächsischen Volksschulwesens“ fest.
Zu den deutschen Schulen gab es im Jahr 1724 erstmals eine Kurssächsische Instruktion: „Wie die Information in den
deutschen Schulen der chur-sächsischen Lande anzustellen, und nach deren Inhalt mit allem obliegenden Fleiße fortzusetzen sey. Samt den nötigen Beylagen.“
1773 erschien auf Drängen der Stände und Städte eine neue Schulordnung. Sie enthielt als wichtigste und
einschneidenste Neuerung die Schulpflicht, die nicht nur in Schulorten (ab 5. Lebensjahr) sondern auch für Orte ohne eigene Schule (ab 6 Jahre) galt. Für säumige
Eltern wurden Strafen festgelegt.
Es wurde an der Einteilung in drei Haufen nach Melanchthon festgehalten. Religion, Schreiben und Lesen sowie Rechnen
mußten unterrichtet werden. Bemerkenswert ist das Auftreten realer Unterrichtsgegenstände, wie Erdbeschreibung, weltliche, besonders vaterländische Geschichte,
wirtschaftliche und handwerkliche Kenntnisse, Rechtskunde und andere „nützliche Dinge“. Um allen Lehrern Unterrichtshilfe zu geben, finden sich lange Abschnitte zur
Unterrichtsmethodik.
Die Pfarrer sollten wöchentlich, die Superintendenten jährlich die Schule kontrollieren. Der Superintendenten hatte
die Lehrerkandidaten zu prüfen.
In Oschatz war es aber schon ab 1716 üblich Lehrer erst nach einer Probelektion einzustellen.
In den Oschatzer Schulakten findet sich solch ein Prüfungsplan aus dem Jahr 1735:
Für drei Kandidaten wurde folgende Probearbeiten verlangt:
I. Schriftlich auf der Superintendantur den 1. Juni 1735 von früh 8 Uhr an zu fertigen:
1.) Jeder Designat beschreibt seinen Lebenslauf und ist die erste Seite desselben zu verzieren
und schön zu schreiben.
2.) Jeder Designat liefert einen schriftlichen Aufsatz über die Wahrheit:
In jeder Jahreszeit offenbart sich Gott in seiner Majestät u. Herrlichkeit.
|
In der Schule am 3. Juni zu verhandelnde Gegenstände:
1.) Herr Tennermann a) Furcht und Hoffnung werden katechetisch und abgesehen von allen
religiösen Beziehungen entwickelt und dargestellt. b) Katechisation über die Worte des ersten Gebots: wir sollen Gott über alle Dinge fürchten.
c) Kopfrechnen: addieren oder zusammenzählen d) Leseübung an der Lesetafel e) Gemeinnützige Kenntnisse: aa) Die
Naturgeschichte des Hundes und der Kartoffel wird erzählend vorgetragen. bb) Das Kurfürstentum Sachsen nach seiner Einteilung
in Kreise und nach seinen vorzüglichsten Städten. f) Die Kinder aus der obren Mädchenklasse
lesen aus dem Dresdner Gesangbuch No.: 403, 3.4.5. und wenn solches geschehen, liest Herr Tennerman die Verse selbst. |
Tennermann erhält die Stelle.
Eine materielle Verbesserung der Schulsituation ergab sich als 1730 die Schule komplett von innen und außen umgebaut
und renoviert wurde.
Lehrerstellen an den Oschatzer Schulen waren sehr begehrt. Auf freie Stellen gingen immer viele Bewerbungen ein. In
den Ratsakten habe ich bis zu 16 Bewerbungen auf eine Stelle gefunden. Zwei Beispiele sollen einmal den gewundenen barocken Schriftstil der damaligen Zeit zeigen und
zum anderen die Bewerbung des Carl Gottlieb Hering:
Akte II / XXIa / 1 Die Wiederbesetzung der IV. Schulcollegenstelle bey hiesiger Stadtschule betr.
Es bewirbt sich ein F. W. Metzner mit folgendem Schreiben.
Grimma, den 30. Juni 1778
Hochedelgebohrne, Hoch- und Wohledle, Rechts Wohlgelehrte, Großachtbare, wie auch Hoch und Wohlweise Herren,
insbesondere hochzuverehrender Herr Bönner.
Ew.
Hochedelgebohrenen Hoch- und Wohledlen werden mir gütigst die Freiheit vergebe,
mit welcher ich Denselben gegenwärtiges gehorsamstes Bittschreiben in
schuldiger Ergebenheit übersende. Ich habe nemlich in Erfahrung gebracht, daß
das Amt eines Collega IV. bey der Stadtschule gegenwärtig vacant sey, welches
Amt nach Derselbe obwaltenden rühmlichen Vorsorge mit einem anderen Subjecto
wieder zu besetzen ist. Da ich mich nun von Jugend auf der Gottesgelahrtheit
gewidmet und meine Studia auf der hiesigen Landschule und der Universität
Leipzig gehörig absolviert, mich nunmehro seit länger als 8 Jahren mit
Privatunterweisung der Jugend allhier in Grimma beschäftigt und auch bereits
einige Subjecta in hiesiger Landschule präpariert habe; als ergeht an Ew.
Hochedelgebohrnen Hoch- und Wohledlen meine gehorsamste Bitte, Dieselben wollen
die besondere Gütigkeit haben, und bey der bevorstehenden Wahl eines Collega
IV.auf meine wenige Person gütigst zu reflectieren geruhen. Diese große Wohltat
werde ich nicht nur zeitlebens mit dem schuldigsten und verbindlichsten Dank
returnieren und für Derselben beständiges Wohlergehen Gott inbrünstig bitten;
sondern mich auch dieses mir anvertrauten Amtes durch Gottesfurcht, Fleiß und
Treue würdig zu machen eyfrigst bestreben, der ich übrigens mit der
vollkommensten Hochachtung verharre.
Ew. Hochedelgebohrenen
Hoch und Wohledlen
ganz ergebenster Diener
Friedrich Gotthelf Metzner
|
Blatt 66Es bewirbt sich Carl Gottlieb Hering:
Eingegangen am 15. Dezember 1794
Hochedelgebohrne Hochgelahrte, Hoch und Wohlweise Herren,
Mit
der angenehmen Hoffnung, daß Ew. Hochedelgeboren pp. dieses Schreiben einer
gütigen Aufmerksamkeit würdigen werden, wage ich es bey Erledigung der beyden
vereinigten Stellen des Organisten und fünften Lehrers mich dazu gehorsamst zu
melden.
Ich
habe mich sowohl in der Fürstenschule zu Meißen als auch auf der Universität
Leipzig bemüht, mir diejenigen Kenntnisse und Geschicklichkeiten zu erwerben,
welche von einem Lehrer der Jugend gefordert werden, der Kinder zu guten
rechtschaffenden und gesitteten Menschen bilden soll; auch hoffe ich im Stande
zu seyn, bey gottesdienstlichen Versammlungen durch einen, der Würde und edlen
Simplizität eines Chorals gemäßen Vortrag die Andacht der Gemeinde befördern zu
können.
Beiliegende
Zeugnisse von berühmten Männern werden dies meine Versicherung bestätigen, so
wie auch ich mich zu einer diesem Amte gemäßen Probe jederzeit anheichig mache.
Sollten
Euer Hochedelgeboren pp bey Besetzung dieser vereinigten Stellen auf mich eine
gütige Rücksicht nehmen, so können Dieselben versicher seyn, daß ich meine
ganzen Kräfte aufbieten werde, durch Treue und Gewissenhaftigkeit in meinem
Amt, durch Ehrfurcht und Hochachtung gegen meine Oberen und durch Liebe und
Güte gegen die mir anvertrauten Kinder mich dieses Vertrauens würdig zu machen.
Gehorsamster
Diener Carl Gottlieb Herig Cand.Theol.
|
Herr
Carl Gottlieb Hering, Candidatus Theologiae aus Schandau gebürtig, hat während
seines Aufenthalts auf hiesiger Universität jederzeit einen stillen und
ordentlichen Lebenswandel geführt und meine Vorlesung fleißig besucht. Er ist
auch unter denen, die sich nach meiner Anleitung und unter meiner Aufsicht im
Katechisieren üben, einer der fleißigsten; und es ist zu hoffen, daß er in einem Schulamt
großen Nutzen stiften werde. Ich schreib ihm dafür auf sein Verlangen dieses
Zeugnis sehr gern, mit dem aufrichtigen Wunsch, daß ihm die Vorsehung bald
einen Wirkungskreis, der seinen Fähigkeiten und Kenntnissen angemessen ist,
anweisen möge.
Leipzig,
d. 4. Dec.1794
Dr. Joh. Georg Hasenmüller.
|
Akte II / 7/ XXIa / 5
Zeugnis
für Hering:
Herr
Carl Gottlieb Hering hat nicht nur als theoretischer und praktischer Musikus
durch verschiedene Werke sich dem Publico auf eine ehrenvolle Weise empfohlen,
sondern sich auch als lyrischer Dichter durch verschiedene Kantaten und Hymnen
um das hiesige große Konzert sehr verdient gemacht so daß man hoffen kann, daß
er vermöge dieser Kunsttalente einen musikalischen Posten mit allen Ehren
bekleiden werde, seinem Verlangen gemäß, dieses bezeugen zu wollen, habe ich
als Pflicht gehalten.
Leipzig,
den 10. Dec.1794
Gottfried Schultz Musikdirektor des großen Konzerts und Organist der Neuen Kirche allhier.
|
Hering
erhält die Stelle gegen 13 Mitbewerber und wurde wohl der bekannteste Oschatzer Lehrer.
In
der Zeit um 1800 vollzog sich in
Sachsen ein grundlegende Wandel in der Sicht auf die Schulen. Die Lateinschulen
hatten immer weniger Schüler, das Universitätsstudium war unattraktiv geworden,
die Studentenzahlen gingen zurück, die Bedeutung der lateinischen Sprache als
universelles Bildungsgut war durch die Aufklärung stark geschwunden und der
Stellenwert von Sachwissen war ungleich größer. Die Lateinschulen machten aber
noch immer die Besonderheit der Stadt gegenüber dem Lande aus. Sie blieben oft bestehen
und gingen schließlich in das Gymnasium über.
Es
entstanden zunächst in den großen Städten sog. Realschulen, die erste
sächsische 1787 in Dresden. Viele kleinere Städte vereinigten Latein und
Deutsche Schule zur Bürgerschule – eine gehobene Elementarschule.
Bereits
seit 1708 gab es in Dresden erste Armenschulen, hier übernahm die Stadt für
Kinder armer Eltern das Schulgeld ganz oder teilweise, häufig trugen Stiftungen
ihren Teil zur Finanzierung bei. Durch diese Entwicklung wurden die
Winkelschulen, die trotz Verbot seit 1548 bzw. 1724 immer noch weiter bestanden
und von vielen Städten gegenüber der kursächsischen Verwaltung geschützt
wurden, fast ganz überflüssig. Viele ihrer Lehrer traten den Dienst als
Armenschullehrer an oder mußten als Schreiber ihre Verdienste suchen. Es gab in
vielen sächsischen Städten Proteste der Winkelschullehrer und Stadtschreiber,
da ihr Verdienst nur das Schulgeld war, das nun weg fiel.
Neue
Bestimmungen zum sächsischen Schulwesen erschienen 1805. Es wurde eine „Generale“ veröffentlicht. Danach waren alle
Kinder vom 6. bis zum 14. Lebensjahr in die Schule zu schicken. Für säumige
Eltern gab es Gefängnis. Alle Kinder waren zu erfassen und Versäumnisse zu
vermerken. Die Konfirmation wurde überall eingeführt und mußte neben religiösen
Kenntnissen auch Schreib- und Lesefertigkeiten prüfen. Sie erfolgte zu Ostern
und zu Michaelis. Auch in der Erntezeit gab es jetzt Unterricht. Ferien
existierten generell nicht. Alle Schulgelder wurden von einer Ratsperson
eingenommen. Zu dieser Generale gab es in den folgenden Jahren vielfache
Reskripte, in denen einzelne Erscheinungen genauer festgelegt wurden, die
Superintendenten werden ständig zur Schulaufsicht ermahnt, die Besoldung der
Lehrer wird verbessert und die Städte und Gemeinden zur Heizung der Schulen
verpflichtet.
Im
Ergebnis war nun das Schulnetz flächendeckend, es gab überall Schulstuben.
Geistliche
als auch weltliche Stellen waren für Schulangelegenheiten zuständig: der
Superintendent, das Amt oder das Patrimonialgericht, ab 1856 das Gerichtsamt.
Im 18. Jahrhundert entstanden Kircheninspektionen als mittlere Schulaufsichtsbehörden,
die als Kirchen- und Schulinspektionen auftreten. Dies war die gemeinsame
Aufgabe des Superintendenten und des Amtmannes über Kirchen und Schulen. Der
Superintendent war für das innere Schulwesen, also den Unterricht und die Lehrer
zuständig. Das äußere Schulwesen betraf vorwiegend Gebäude und Räume, sowie die
Lehrergehälter.
Durch
die Sächsische Verfassung 1831 ergaben sich Verschiebungen in der
Zuständigkeit. Am 7. November 1831 wurden Ministerialdepartements, also
Ministerien gegründet. Das Ministerium des Kultus und öffentlicher Unterricht
übernahm alle damaligen Geschäfte und Befugnisse des Kirchenrates.
Aus
den Jahren 1836 und 1838 liegen erste Entwürfe für eine Oschatzer Schulordnung
vor. Nach heftigen Disputationen und langen Briefwechseln mit dem
Superintendenten wird der
„Zweyter
Entwurf zur Local Schul-Ordnung für die Stadt Oschatz 1838“ beschlossen
In
dieser Schulordnung werden für die Bürger- und die Armenschule entsprechende
Vorschriften aufgestellt.
1.Theil
Äußere Einrichtungen der Schule
Als Schulbezirk werden “alle innerhalb des
städtischen Weichbildes“ befindlichen Häuser bezeichnet, dazu kommen noch der
Weinberg, das Schnellsche Gut und das Communen- Vorwerk Pappenheim.
Wer
Privatunterricht wünscht, muß aber das Schulgeld für die Stadtschule trotzdem
zahlen.
Besonders
interessant ist der § 5:
Fabrik-Schulen. Im
Allgemeinen kann es zwar den Besitzern hiesiger Fabriken und Spinnereien nicht
gestattet seyn, schulpflichtige Kinder darin zu beschäftigen, insofern diese
dadurch von dem regelmäßigen Besuch der ordentlichen Schulstunden abgehalten
würden. Sollte jedoch einmal eine Ausnahme von dieser Regel sich nötig machen,
so müssen nicht allein jenen Kindern, nach vorausgegangener Berathung mit dem
Schulvorstande, besondere Schulstunden ausgesetzt und frei gegeben werden,
sondern es sind auch ihre Lohnherren zu veranlassen und verbunden, einen, jedes
mal vom Schulvorstande zu bestimmenden Theil des von den Kindern verdienten
Arbeitslohnes, als billiges Honorar für denjenigen Lehrer, der den dießfälligen
Unterricht besorgt, innen zu behalten und an Letzteren wöchentlich gegen
Quittung, auszuhändigen. |
Zu den Schulen in Oschatz heißt es:
Im
Schulbezirk Oschatz sollen… zwey Schulanstalten bestehen:
A) eine Bürgerschule, getrennt in
B) eine Armenschule, in drei Klassen
getheilt. |
Die
Ziele der Schule werden deutlich genannt:
§8
Während
die Armenschule auf die ersten Elementarkenntnisse sich beschränkt, wie sie in allen niederen
Volksschulen erteilt werden und für die untersten Stände es Volkes erforderlich
sind, bezweckt die Bürgerschule, neben den in ihr zu lehrenden Elementen, einen
höheren Unterricht, der gebildete Bürger des Staates erzieht und den Weg zu
Ergreifung jeden Berufes bahnt.
|
Im § 9 wird die Verwendung der lateinischen Sprache geregelt.
Es heißt da:
Da
die Knabenschule von jeher und seit ihrer Stiftung eine lateinische Schule,
d.h. eine solche Anstalt gewesen ist worin die Schüler auch in den älteren
Sprachen Unterricht erhalten und namentlich in der lateinischen Sprache solche
Kenntnisse erwerben konnten, welche zu richtigen Verständnis der im allgemeinen
Leben häufig vorkommenden lateinischen Wörter, Ausdrücke und Redensarten, auch,
nach befinde, zum Lesen eines
lateinischen Schriftstellers unentbehrlich sind.
Um
das aufrecht zu erhalten, soll mindestens der Rektor in der Lage sein,
diejenigen Schüler, die sich den wissenschaftlichen Studien widmen wollen, im
Unterricht Latein beizubringen. In weiteren Privatstunden sollen sie auf eine
höhere Schule vorbereitet werden und auch Griechisch lernen können. Das ist
auch deshalb wichtig, weil es eine Reihe von Stiftungen gibt, die solche
Schüler aus Oschatz an höheren Schulen unterstützen.
|
Die
Enteilung in die Schulen „hängt weder allein von dem Willen der Eltern noch vom
Gutdünken der Lehrer … , sondern lediglich vom Ermessen des Schulvorstandes ab,
der, was die in die Armenschule zu verweisende Kinder betrifft, darüber mit der
Armendeputation sich zu vernehmen und das Verzeichnis dieser Kinder an den
Stadtrath zur weiteren Verfügung einzureichen hat.
Zur
Lehrerschaft: Die Einführung der Elementarklassen erfordert die Einstellung
weiterer Lehrer. Dies Stellen sollen aber bis auf weiteres mit Hilfslehrer
besetzt werden.
An
der Bürgerschule unterrichten jetzt:
der Rector
der Conrector
der Cantor
der Quartus
der Quintus
Der
Rector muß eine Literat sein; der Cantor leitet die Kirchenmusik und den Gesang
in der Kirche; der Quartus war gleichzeitig Organist und der Quintus bisher
Elementarklassenlehrer.
An
der Mädchenschule unterrichten:
der erste Mädchenlehrer
der zweite Mädchenlehrer
der dritte Mädchenlehrer
Bisher
versieht der erste Mädchenlehrer noch den Kirchendienst. das soll geändert
werden.
An
der Elementarschule unterrichten:
ein Hilfslehrer
Er
unterrichtet Knaben und Mädchen gemeinsam und trennt sie bald in drei
Leistungsabteilungen.
An
der Armenschule unterrichtet:
Der
Schulvorstand ist für alle Schulen in Oschatz zuständig. Er besteht aus:
zwei Ratsmitgliedern
zwei Diacone
zwei Stadtverordnete sechs weitere Bürger (diese werden
von den Stadtverordneten vorgeschlagen und gewählt).
Die
Schulkasse wird aus sehr vielen unterschiedlichen Quellen gespeist:
geistliches Stiftungsgeld
zur Heizung erforderliche Brennmaterial
Korndeputat des Armenlehrers aus der Stadtkasse
Besoldung des Armenlehrer aus der Almosenkasse
ministerieller Beitrag zur Besoldung
Zinsen aus einem Bürger- und Domänenkapitals
Gebühren bei Begräbnissen
Beiträge von Hochzeiten und Kindtaufen
Ertrag der sog. Schulcollecten
Strafgelder, die zugunsten des Schulvorstandes verwendet werden
Abgaben, die bei Käufen und Bürgerrechtsachen anfallen
Schulgeld der Kinder
Zinsen der Schulanlagegelder von Pensionären
das Aufgeld auf Vergnügungen
alle weiteren Nebeneinkünfte und Schenkungen zugunsten der Schule
Alle Lehrer erhalten weiterhin Holz- und Korndeputate.
Schulgeldsätze an der Bürgerschule:
2 Th. jährlich im 1. und 2. Schuljahr
2 Th. 15 gr. im 3. und 4.
3 Th. im 5. und 6.
3 Th. 15 gr im 7. und 8. Jahr
an der Armenschule:
Ermäßigung
und Erlassen des Schulgeldes regelt der Schulvorstand, Ermäßigung gibt es bei
mehreren schulpflichtigen Kindern.
Es
folgen dann umfangreiche Darstellungen zu Einnahme, Verwaltung und Ausgabe der
Gelder. Für die Lehrer werden folgende Einkünfte, einschließlich aller
Deputate, Kollekten und ähnlichem angegeben:
der Rector |
400 Th. zur Zeit allerdings 482 Th 22 gr. |
der Cantor |
376 Th. |
der Quartus |
260 Th. |
der Quintus |
250 Th. |
In
der Mädchenschule
der 1. Mädchenlehrer
|
329 Th.
|
der 2. Mädchenlehrer
|
255 Th.
|
der 3. Mädchenlehrer
|
200 Th.
|
In
der Elementarclasse der Bürgerschule
der Hilfslehrer
|
130 Th. auch ein 2. Hilfslehrer soll das erhalten
|
In
der Armenschule
der ständige Armenlehrer
|
250 Th.
|
der Hilfslehrer |
125 Th. |
Die
Aufnahme der Kinder erfolgt zweimal im Jahr, zu Ostern und zu Michaelis.
Schulpflichtig ist man mit 6 Jahren bis zum 14. Jahr. Aber auch mit 5 ½ Jahren
ist eine Aufnahme möglich, bedarf aber der Zustimmung der Schulaufsicht.
Entsprechend wird auch zweimal im Jahr entlassen.
In
der Bürgerschule werden Knaben und Mädchen getrennt unterrichtet, nicht aber in
der Elementarklasse und in der Armenschule.
Als
anzustrebende Klassenstärken werden genannt:
Die
Stundenzahlen wurden wie folgt verteilt:
Montags,
Dienstags und Donnerstag jeweils 3 Stunden vormittags und nachmittags (Beginn 8
bzw. 13 Uhr)
Mittwochs
und Sonnabends 4 Stunden vormittags.
Außer
diesem Pflichtunterricht hat der Rektor noch
6 öffentliche Stunden Latein und
4 private Stunden Griechisch
anzubieten, und zwar vor oder nach dem öffentlichen Unterricht.
Für
die Armenschule werden wenigstens 20 Unterrichtsstunden in der Woche verlangt,
da aber der Lehrer nur 32 Stunden halten soll, muß ein Hilfslehrer Stunden
übernehmen. Der Unterricht beginnt hier bereits 7 Uhr.
Ferien
werden im Gesetz geregelt. Aber die Gemeinden haben noch Spielraum. So legt die
Oschatzer Schulordnung fest, das die Pfingstferien „wegen des traditionellen,
mit einem öffentlichen Aufzuge verbundenen Scheibenschießens, wenn und so lange
dieses noch gehalten wird, auf die ganze Woche ausgedehnt“ werden.
Dagegen
wird die Woche Ferien für den Oschatzer Jahrmarkt auf die tatsächlichen
Markttage beschränkt. Für den Lorenzkirchner und den Altmügelner Markt gibt es
jeweils den Donnerstag frei.
Ernteferien
gibt es zur Getreideernte und zur Kartoffelernte, jeweils vierzehn Tage.
Am
Fastnachtsdienstag ist auch frei. Zwei freie Tage gibt es zum Kantoreifest.
Es
gibt Festlegungen zu Disziplin, zum regelmäßigen Schulbesuch und zu
Schulstrafen.
Der
Punkt 7 enthält Unterrichtspläne für die einzelnen Klassen der verschiedenen
Schulen.
In
der oben schon erwähnten „Fixation der Lehrergehälter“ aus dem Jahr 1843 werden
folgende jährliche Gehaltsvorschläge gemacht:
Schuldirektor und erster Knabenlehrer
|
600 Th.
|
zweiter Knabenlehrer
|
408 Th. |
dritter Knabenlehrer
|
336 Th. |
vierter Knabenlehrer
|
336 Th. |
erster Mädchenlehrer
|
436 Th. |
zweiter Mädchenlehrer
|
386 Th. |
dritter Mädchenlehrer
|
336 Th. |
erster Elementarlehrer
|
276 Th. |
zweiter Elementarlehrer
|
276 Th. |
Schreib- und Zeichenlehrer
|
200 Th. |
erster Armenschullehrer
|
360 Th. |
zweiter Armenschullehrer |
288 Th. |
erster Selektenlehrer
|
436 Th. |
zweiter Selektenlehrer
|
436 Th. |
Ab
1848 arbeitet der Oschatzer Schulausschuss an einer neuen „Localschulordnung zu
Oschatz“ [23].
Die Fertigstellung verzögert sich immer wieder über Jahre durch neue
Korrekturen und Wünsche der Schulausschuss-Mitglieder. Deshalb mahnt die
Kreisdirektion am 9. November 1849 bei Strafe von 10 Thalern die Stadt, binnen
vier Wochen den Entwurf einzureichen. Am 6. Januar 1850 erhöht sie die Strafe
auf 15 Thaler, da die Lokalschulordnung immer noch nicht da ist und erwartet
sie binnen 14 Tagen. (Bl.158)
Die Streitpunkte
sind sehr unterschiedlicher Natur, so geht es z. B. um die Einbeziehung der
Merkwitzer Windmühle in den Schulbereich, die Stadt widersetzt sich diesem
Vorhaben. Im Zuge dieser sehr umfänglichen und erbittert geführten
Streitigkeiten verläßt Stadtrat Mogk den Schulausschuß, der neu gewählte
Stadtrat Sommer benötigt nun erst Zeit, um sich in die Akten und Probleme
einzulesen, deshalb wird Aufschub bei der Kreisdirektion erbeten (am 15.
Februar 1851). Dazu werden die Akten und der Entwurf am 8. April 1851 von
Leipzig zurückerbeten
(Bl.187)
Aber
erst am 12.Oktober 1853 (!) kommen die Akten zurück und werden am 26. Oktober wieder
nach Leipzig zurückgeschickt.
Blatt
191ff.
In
einem Schreiben bezieht sich die Schuldirektion auf zwei eingereichte
Vorschläge vom 28. März 1850 und vom 26.Oktober 1853 und trifft nun am 2. Februar
1854 Entscheidungen zu den Streitpunkten oder vertagt sie, wie:
„Ad
§1
Die
Fassung dieses Paragraphen bleibt bis zur Beendigung der wegen der
Zugehörigkeit der Windmühle zu Merkwitz zu dem Parochial- und Schulverband der
Stadt Oschatz nochmals anzustellenden Erörterungen und Verhandlungen
ausgesetzt.“
Weiter
strittige Punkte sind die Trennung von Jungen und Mädchen in der
Elementarklasse, die Unterrichtsverpflichtungen der Lehrer und deren Bezahlung,
die Ablösung von Deputaten, die Rechte von Schulaufsicht und Eltern u. a.
Akte
II/XXId/35 enthält nun diese „Localschulordnung der Stadt Oschatz“ aus dem Jahr
1856.
Wesentliche
Festlegungen:
§2
legt die Schulpflicht fest: „Sämtliche…Kinder sind…verpflichtet, eine der
öffentlichen Ortsschulen ununterbrochen zu besuchen..“
§3
regelt die Erteilung von Privatunterricht, Schulgeld muß trotzdem an die Stadt
bezahlt werden!
§5
ist mit „Fabrickschulen“ überschrieben. Er legt fest, das Lohnherren, die
ausnahmsweise Schüler während der Schulzeit beschäftigen, „…einen, von der
Schuldeputation zu bestimmenden Theil des von den Kindern verdienten
Arbeitslohnes, als billiges Honorar für denjenigen Lehrer, der den diesfälligen
Unterricht besorgt, innen zu behalten, und an letzteren wöchentlich gegen
Quittung auszuhändigen.“
§7
regelt „Zahl der Schulen.
Im
Schulbezirk Oschatz sollen nur zwei Schulanstalten bestehen und zwar
A., eine Bürgerschule getrennt in
§9
legt „Besondere Bestimmungen“ fest:
„Anstatt
des sonst üblichen Unterrichts in der lateinischen Sprache, wird dergleichen in
der französischen durch den Rector und zwar nach Maßgabe des Lektionsplanes in
zwei Lehrstunden wöchentlich gegeben.“
§10
legt fest „ um in den Genuß mehrere bei der Stadt vorhandenen Stiftungen“ für
den Besuch der höheren Lehranstalten zu kommen, kann auf Elternwunsch und gegen
Bezahlung Unterricht in der lateinischen und griechischen Sprache erfolgen.
§11
bestimmt allein die Schuldeputation zur Entscheidung des Besuchs Bürger- oder
Armenschule
§12
legt die Lehrerzahlen fest:
„…bei
der Bürgerschule vier ständige Knabenlehrer und drei dergleichen Mädchenlehrer,
ferner zwei dergleichen Elementarlehrer, sowie bei der Armenschule ebenfalls
zwei ständige Lehrer abgestellt.“
§13
Hier sichert sich der Stadtrat sein Berufungsrecht, muß aber feststellen“…
herkömmlich auch noch von dem jedesmaligen Sup. mit beigezeichnet“ wird.
Die
Kirche behält eisern die Aufsicht:
§14
„Localschulinspektion. Die Localaufsicht hat
a., in der Bürgerschule
der Archidiaconus b., in der Armenschule
der Diaconus.
§16
legt die Besetzung der Schulaufsicht fest:
„zwei
Mitglieder des Stadtrathes, welche dieser zu wählen hat, den
beiden Diaconen, zwei
Mitgliedern der Stadtverordneten und eben so viel Stellvertretern nach deren
Wahl, zwei
Mitgliedern der Armenversorgungsbehörde und eben so vielen Stellvertretern nach
deren Wahl, aus
vier anderen Bürgern, welche vom Stadtrath zu ernennen sind, und mindestens 3
Jahre als solche zu fungieren haben.“ Vorsitz
führt das erste Mitglied des Stadtrates, es ist meist der Bürgermeister. Der
Vorstand trifft sich in der Regel in der ersten Woche des Monats.
§§ 20
und 21 legen fest, eine einheitliche Schulkasse einzuführen und einen
städtischen Kassierer dafür zu bestimmen. (Der Kassierer muß entweder ein Haus
in der Stadt haben oder dem Rat Kaution leisten!). Er erhält jährlich 72 Th.
§25
legt alle Einkünfte der Schulkasse fest:
„a., alle herkömmlichen Geld- und Naturalleistungen
aus dem geistlichen Arear, und zwar:
„b.,
alle herkömmlichen Beiträge an Geld und Naturalien, aus der Stadt- und
Almosencasse, als:
c.,
alle Stiftungsgelder und die Zinsen eines Capitals von 500 Th…
d.,
alle… bewilligte Unterstützung
e.,
die für die Schüler bei Begräbnissen zu entrichtenden Gebühren…
f.,
Beiträge von Trauungen und Kindtaufen,
g.,
der Ertrag einer…zum Reformationsfeste zu veranstaltenden Collecte,
h.,
die Strafgelder, die gesetzlich zum Bestand des Schulwesens verwendet werden
sollen,
i.,
die bei Käufen und anderen Besitzveränderungen…anfallenden Abgaben,
k.,
das von den schulpflichtigen Kindern zu entrichtende Schulgeld,
l.,
alle zufälligen Nebeneinkünfte und …zukünftigen Vermächtnisse der
Schulaufsicht.“
§28
legt die Regulierung des Schulgeldes „…nach den verschiedenen Schuljahren und
den verschiedenen Schulanstalten“ fest.
Es
werden alle Alterstufen und Ausnahmen in der §§ 29- 33 festgelegt.
§34
legt „Ausgaben der Schulcasse“ fest
Neben
den Lehrergehältern, die in monatlichen Raten zu zahlen sind und der Lieferung
der Naturalien an diese, werden die Gebäude der Schule und die Lehrerwohnungen
instand gehalten, Lehrmittel und – apparate bezahlt, für arme Schüler werden
auch Schulbücher angeschafft. Lohn für das Reinigen der Schulstuben, für das
Hacken des Holzes und fürs Feuern kommen auch aus der Schulkasse, auch die
Verwaltungsausgaben für die Kasse selbst werden bezahlt.
Neben
dem festen Gehalt gestattet der § 36 noch eine Vielzahl von zusätzlichen
Nebeneinnahmen für die Lehrer, so. z.B. Tranksteuer, Gebühren, die bei
Beerdigungen von Lehrern anfallen u. a.
§38
legt nun die einzelnen Lehrergehälter fest. Hier die Besoldung des Rektors:
4 Scheffel Korn
3 Klafter Scheitholz
10 Langhaufen Tannenreisig
336 Th. bares Geld
6 Th. 20 Ngr. Nicolaisches Legat
22 Th. Honorar von den Konfirmanden
3 Th. von Beisetzungen
3Th. 10 Ngr. Einschreibgebühren
freie Wohnung
der
erste Armenlehrer erhält dagegen nur:
§43
legt das Schuleintrittsalter fest. Es erfolgt nur noch Ostern einmal
Einschulung, das Kind muß zwischen Michaelis des vorigen und Michaelis des
laufenden Jahres geboren sein, Kinder unter 5 ½
Jahr können zurück gestellt werden.
Der
Unterricht wird am Montag, Dienstag und Donnerstag 6stündig, früh drei und
nachmittags drei Std. gehalten. Mittwoch und Sonnabends sind 4 Stunden zu
halten. Beginn ist im Sommer 7 Uhr, im Winter 8 Uhr, Nachmittag beginnt immer 1
Uhr. Für die Armenschule müssen die Klassen geteilt werden, deshalb gibt es
ausführliche Hinweise zur Unterrichtsplanung.
|